Traisen4ever 2013
Beim sozialengagierten Kunstprojekt "MAKE SOME THING" 2011 in Traisen sprühte einer der am Projekt beteiligten Jugendlichen den Titel der diesjährigen Aktion an eine Werkstatt-Wand: "Traisen4ever". Der Sprache der Jugendlichen entsprungen funktioniert dieses Statement als Identifikationsslogan für die hier im Ort lebenden Menschen. Und wie alle im Bezirk Lilienfeld bisher initiierten Projekte - "Aktionsraum Lilienfeld" 2004, "Spielzimmer", 2007, "Jugendraumschaffung" 2010 und "MAKE SOME THING" 2011 - war auch das diesjährige auf die Partizipation der Bevölkerung angelegt.
Hier wird eine Kunst gemacht, die versucht, sich sehr behutsam in ein Ortsgeschehen zu mischen und auf soziale Defizite aufmerksam zu machen. Die Kunst und die Freude am gestalterischen Tun versteht sich als Werkzeug dieser Absichten. Geschult an den sozialen Plastiken von Joseph Beuys, dem großen Kunstdemokraten, entwickeln sich im Rahmen dieser Projekte installative Kunstwerke - Resultate gemeinsamen Tuns.
Weit ab des elitären Kunstmarkts und fern jeder künstlerischer Selbstbeweihräucherung entsteht hier eine "niederschwellige" Kunst. Karton, Klebeband, Alufolie, eine Flut an kopierten Fotos, Zeichnungen, Statements zur eigenen Lebenssituation, Symbole der eigenen Lebenskultur. "Traisen4ever": Zentrale Botschaft der raumgreifenden Collage. Eine spontan entstandene populäre "Memorialkunst", die zugleich eine Widerstandsgeste gegen glatte, marktkonforme Kunst sein will. Der bastlerische Charakter ist beabsichtigte künstlerische Geste. Jeder kennt die hier verarbeiteten Materialien aus dem Alltag, jeder kennt die gezeigten Sujets - nicht in diesem Zusammenhang freilich - oder zumindest nicht bewusst. Wider dem schönen Schein funktioniert diese Installation. Unbarmherzig zeigt sie alle Facetten eines Ortes- auch die unliebsamen. Diese mit Inhalten aufgeladene Ansammlung von Materialien errichtet Verweissysteme auf gesellschaftliche Befindlichkeiten hier im Ort und darüber hinaus. Immer wieder geht es dabei um den Umgang mit den Menschen. Und immer wird dabei versucht, Widersprüche zu thematisieren.
"Traisen4ever" funktioniert als episch angelegtes Werk. Traisen ist ein Arbeiterort mit rund viertausend Einwohnern im Bezirk Lilienfeld und eher städtisch strukturiert. Der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrationshintergrund ist verhältnismäßig groß, soziale Spannungen spürbar. Ein Jugendlicher aus dem Kosovo platziert sein Schablonengraffiti an die Wand. Frau Theresia Zwesper - die "Ortschronistin" sucht in ihrem unerschöpflichen Fundus an historischen Fotos. Berührende Geschichten werden erzählt. Emotionen werden geweckt. "Ach ja, meine Mutter hat sicher auch noch alte Fotos zu Hause." Neben den Fotos des kriegszerstörten Traisen - Traisen war der in Niederösterreich am drittstärksten zerstörte Ort nach Hainfeld und Wiener Neustadt - hängen Bilder des kriegszerstörten Kosovo.
Letztlich präsentiert diese Arbeit sich als Archiv, das gelesen und erfahren werden will, und gleichzeitig interveniert es in die Öffentlichkeit. Eine Schnittstelle zwischen Realismus und ein bisschen Utopie - eine Fortschreibung der Wahrnehmungen des Alltagslebens.